
Feature-Bands
Immer wieder schreiben Bands unsere Mailadresse an, die zumeist noch nicht viel veröffentlicht haben, die richtig tolle Musik machen und die dazu noch für Auftritte bei uns in Frage kommen. Leider münden diese Anfragen oftmals nicht gleich in einen Auftritt, was vor allem der Tatsache geschuldet ist, daß unser Budget begrenzt ist (und die auftretenden Bands ja auch nicht umsonst spielen sollen).
Um der durch jene Bands gebotenen musikalischen Vielfalt trotzdem Gehör zu verschaffen, soll diese Seite die Bands und ihre Musik vorstellen ("featuren"), auch wenn sie bislang noch nicht bei uns auftreten konnten.
Noch ein "Hörhinweis": Oberflächlich betrachtet mag der Großteil der folgenden Bands der Schublade "Jazzrock"
zugeordnet werden können; tatsächlich klingen alle Bands verschieden, was nicht nur auf unterschiedliche
Instrumentierung, sondern vor allem eben auf unterschiedliche Auffassungen zum Jazzrock, bzw. noch tiefergehend
zu Rock und Jazz zurückzuführen ist.
Insofern zeigt jede der Bands, was so - von einer gemeinsamen musikalischen Grundidee ausgehend - letztlich für
unterschiedliche, völlig individuelle Resultate entspringen können. Wir wünschen euch eine spannende Entdeckungsreise!
Die Liste wird im Laufe der Zeit weiter wachsen - reinschauen lohnt sich also!
Alright the Captain - GB
Besetzung
Marty
Gitarre
Todd
Baß
Ash
Schlagzeug
« Was die Briten von Alright the Captain auf ihrem Album SNIB machen, dürfte es in
dieser Mixtur gar nicht geben, zumindest dürfte diese nicht funktionieren, denn mit den musikalischen Ideen von Mathrock
und Postrock zwei derart konträre Pole zu verschmelzen erfordert nicht nur Mut, sondern auch ein (besser: mehrere)
Händchen, die nicht nur vom Glück geführt werden, sondern auch genau wissen, was sie tun.
Die oft sehr verkopft daherkommende Spielart des Mathrocks wird geschickt verknüpft mit gutgelaunten Läufen, denen es
nicht an Sinn für Melodien fehlt - ohne dabei dem Anspruch der ineinandergreifenden, verquickten Rhythmik einen Abbruch
zu tun. Die eigentliche Idee der Musik von Alright the Captain aber mag sein, dem Postrock aus seinen in vielen Fällen zu
berechenbaren Bahnen herauszuhelfen, neue Wege aufzuzeigen, gewissermaßen 'Post-Postrock' zu machen:
Immer wieder blitzen Anleihen an Alternative Rock durch, lassen Bands wie die Red Hot Chili Peppers grüßen, um dann von
einer Sekunde auf die andere abgelöst zu werden von heftigen Ausbrüchen der E-Gitarre, elektronisch verfremdeten Geräuschen,
die die Musik geradezu sphärisch dahingleiten lassen oder schon fast partytauglicher Gutelaunerockmusik. Nicht zu kurz
kommt ebenfalls die melancholische Seele des Postrock, genauso wie dessen erhabene Guitarwalls, ohne aber in irgendeiner
Weise als Dominante aufzutreten. - Aber das tut auf SNIB eh keiner der verwobenen Einflüsse. Und das, ohne
hektisch oder gewollt zu klingen.
Guter, großer, feiner Stoff! »
(Dank an Progrock-dt-Redakteur Julian für den Text)
Father Figures - USA
Besetzung
Adam Schatz
Tenorsaxophon, Effekte,
"Realistic concertmate"
Jas Walton
Tenorsaxophon
Ross Edwards
Keyboards
Spencer Zahn
Baß
Ian Chang
Schlagzeug
« Immer wieder tauchen Bands auf, die zwar schon einige Zeit am Werkeln sind, aber erst später mit einer Studioaufnahme auf sich aufmerksam machen konnten.
In dieser Reihe: Father Figures aus dem Untergrund von Brooklyn mit ihrer EP Bad Bad Birds.
Halt, Du Jazzrock-Nichtmöger, hiergeblieben, das betrifft auch Dich!
Father Figures machen nämlich kein schräges, chromatisch-dissonantes Zeug, sondern geradezu kuscheligen Jazz mit akzentuierter Rocknote fernab krasser Jazzcore-Freakouts (hm, Kuscheljazzrock?). Das Rhodes ist ihr steter Begleiter; Freunde von dessen perlendem Klang werden also ihre Freude haben.
Etwas unverständlich, warum die Gruppe selbst ihren Stil als Zombie Jazz betitelt: weder beißt er die Melodiefreunde
unter uns, noch befindet er sich in der Schattenwelt der Nichtmehrlebenden bzw. Nochnichttoten. - Und bietet sich damit
ideal als Einstieg in die Welt der Datingbörse von Jazz und Rock an. Für Komplettisten, die tiefer in die Welt von
Brooklyns kleinen, großen Avantrockbands eintauchen möchten, ist die EP sowieso geeignet. »
(Dank an Progrock-dt-Redakteur Julian für den Text)
Kaos Protokoll - Schweiz
Besetzung
Flo Reichle
Schlagzeug
Marc Stucki
Saxophon
Benedikt Wieland
E-Baß
« Das Schweizer Trio Kaos Protokoll bringt in seinen an Ideen nicht armen Ansatz des Jazzrock neben einer ordentlichen
Portion Rock immer wieder experimentelle Klangideen, elektronische Exkurse und punktuell auch formalen Minimalismus ein,
die Band geht überhaupt gern über die Grenzen des Gewohnten hinaus. Gut, diese Beschreibung könnte man vermutlich auf
etliche Bands anwenden; die drei Schweizer schaffen es jedoch, ihren eigenen Stil zu finden, ihren eigenen Weg zu gehen
und dabei den Hörer nicht mit einer künstlerisch womöglich reichhaltigen, aber unzugänglichen Klangkollage zu konfrontieren,
sondern auf ihrem im November 2012 erschienenen Debüt Quick & Dirty auch schonmal die Bettflasche sprechen zu lassen,
dem ewigen Kampf mit dem inneren Schweinehund ("Sauhund im Innern") musikalische Gestalt zu geben oder sich des Themas
'Beziehungskrach' auf höchst spannende und unterhaltsame Weise anzunehmen (mal Zickenterror von Panzerballett zum
Vergleich hören). — Überhaupt ist Humor eine ganz wichtige Zutat der kaosprotokollschen Musik und das spricht schonmal
stark für sie, vor allem für den Fall, wenn hier allzu karge Kost geboten werden würde.
Was aber eh nicht so ist, denn die Schweizer (es muß - Klischeealarm! - an der frischen Bergluft liegen, daß von dort
erfrischend unterhaltsame Ideen herstammen, man denke nur an die Cowboys from Hell)
bieten eine derart bunte Mischung an, die keine Langeweile aufkommen läßt und der Unzugänglichkeit den Kampf ansagt:
verträumte Melodieseligkeit, rockigen Drive, Baßgrooves, Hingabe zu den klanglichen und strukturellen Möglichkeiten des
Jazz — all das packen die drei und schnüren es zu einem funktionierenden Ganzen. »
(Dank an Progrock-dt-Redakteur Julian für den Text)
Kaos Protokoll virtuell
Quick & Dirty bei Bandcamp anhören:Rhùn - Frankreich
Besetzung
Captain Flapattak
Schlagzeug, Gesang
Damoon
Baß
Thybo
Gitarre
Sam
Bariton- und Altsaxophon
Fabien De Kerbalek
Gitarre, Gesang
Brunöh
Tenor-, Sopransaxophon, Fagott
Marion Mouette
Gesang
Progrock-dt-Redakteur Julian schreibt über Rhùns Ende 2012 erschienene EP Ïh:
«
Gegenüber der 2009er-Demo hat die Band ihren Sound deutlich verdichtet. Dies hört man beim Vergleich der verschiedenen
Versionen von Toz gut heraus: wirkte die damalige Einspielung deutlich hektischer, ideell deutlich enger im Geiste
verbandelt mit Les Yeux, so balanciert die Band, gemessen an diesem einen Beispiel, ihre Mischung deutlich feinsinniger
aus. (...) Hier wird nun tatsächlich
klassischer Zeuhl (insbesondere männlichen Chorstimmen wird wesentlich mehr Raum gegeben) knackigem Jazzrock,
freiformatigen Exkursen und kammermusikalischen Einflüssen gegenübergestellt. Ich würds zuweilen noch nichtmal
unbedingt kammerrockige Aspekte nennen, also schon auch, aber hier wird auf sehr angenehme Art und Weise auch immer
wieder Anleihe genommen an der Modernen Klassik. Alles geschmackvoll aufeinander abgestimmt in Qualität und v.a. auch
Quantität. »
Und Jochen Rindfrey (Babyblaue Seiten) schreibt weiter:
« Gerade diese Mischung macht die
Faszination der Musik von Rhùn aus, einerseits die streng disziplinierten kammermusikalischen Passagen, andererseits die
wilden, manchmal von geradezu punkiger Rohheit geprägten Zeuhl-Exzesse. Eine ganz faszinierende Kombination!
Rhùn haben sich mit Ïh locker an die Spitze der Zeuhl-Bewegung, ach was, an die Spitze des avantgardistischen Progressive Rock katapultiert. Ein starkes Album! »
Salt of Tusj (SOT) - Norwegen
Besetzung
Skjalg Reithaug
Gitarre
Anders Hunstad
Schlagzeug
Lars Andreas Haug
Tuba, Trompete, Saxophon, Posaune
Jochen Rindfrey in seiner Rezension des Debütalbums Kind of Saltz auf den Babyblauen Seiten:
« Das Sahnehäubchen dieser Musik
ist aber der erwähnte Lars Andreas Haug, der seiner Tuba die wunderbarsten Klänge entlockt, die weit über simples
Humtata hinaus gehen. (...) Zu keinem Zeitpunkt besteht dabei die Gefahr, dass der Tuba-Einsatz zum billigen Effekt
verkommt, der nach einiger Zeit ermüden würde, dafür spielt Lars Andreas Haug viel zu virtuos, kostet das volle
Klangspektrum seines Instruments aus. Neben der Tuba greift Herr Haug gelegentlich auch zu Trompete oder Sopransaxophon,
was zusätzliche Klangfarben in die Musik bringt. Von einigen, meist textlosen Stimmeinsätzen abgesehen, ist die Musik
instrumental. »
Progrock-dt-Redakteur Julian fügt noch hinzu:
« Das Schöne dabei an der Tuba:
selbst wenns ihr mal schräg entfleuchen sollte, ihr mütterlich-warm umarmender Grundklang quält einfach nicht das Ohr.
Wäre dem nicht eh so, würde in jedem erdenklichen Notfall der Ideenreichtum der Combo Anflüge der Gefühlslagen
'Genervtheit', 'Langeweile', 'Unwohlsein', etc. verhindern, denn nebenbei wird (in aller möglicher Weise) gerockt,
gewitzelt, gelounged, soundgescaped.
Schließlich ist Kind of Saltz weit davon entfernt, ein reines Tubaalbum zu sein, viel zu wichtig sind Anders Hunstad am Schlagzeug und Skjalg Reithaug an der Gitarre; viel zu souverän, zu lebendig auch ihr Spiel. Die Dichte des Albums lebt vom Zusammenspiel der drei, ohne einen massiv in den Vordergrund zu stellen. »
SOT virtuell
Kind of Saltz bei Bandcamp anhören: